Wie bist du ins Haus des Engagements gekommen und was machst du hier?
Ich habe über das Haus des Engagements gelesen und mich dann dort vorgestellt. Ich nutze den Coworking-Raum gelegentlich, um Zeit für mein Engagement zu blocken.
Für welche Themen oder Projekte engagierst du dich aktuell bzw. wofür hast du dich in der Vergangenheit eingesetzt?
Die Selbsthilfegemeinschaft Medizingeschädigter (SGM e.V.) berät Menschen, die vermuten, Opfer eines medizinischen Behandlungsfehlers geworden zu sein, über ihre Handlungsoptionen. Sie bringt Betroffene miteinander in Kontakt und fördert den Erfahrungsaustausch. Die SGM e.V. bietet weder juristische noch medizinische Beratung an, vermittelt jedoch – wenn möglich – Kontakt zu medizinischen Privatgutachtern oder Rechtsanwälten. Angesichts der Vielfalt und Komplexität medizinischer Fragestellungen kann eine Kontaktvermittlung jedoch nicht garantiert werden. Der Erfahrungsaustausch ist kostenfrei und wird von ehrenamtlich Tätigen ausgeübt, die in der Regel zugleich auch Betroffene sind.
Was bedeutet für dich persönlich freiwilliges Engagement?
Für mich bedeutet mein Engagement, meine Wut über die Missstände in unserem Arzthaftungsrecht aufzugreifen und in eine konstruktive Richtung zu lenken.
Welche Bedeutung hat freiwilliges Engagement deiner Meinung nach für die Gesellschaft?
Darüber bin ich mir noch nicht im Klaren. Aber Passivität stellt sicherlich keine Alternative dar.
Gibt es engagierte Personen oder Projekte, die dich besonders beeindrucken?
Alle Menschen, die sich entgegen aller statistischen Erfolgswahrscheinlichkeiten für Ihr Anliegen engagieren und den Konflikt nicht scheuen.
Vor welchen Herausforderungen stehen Engagierte deiner Meinung nach?
Ich kann nur für mein Engagement sprechen. Das Problem, mit dem wir konfrontiert sind, besteht darin, dass man als Geschädigter bei extremer Chancenungleichheit und massiven Interessensgegensätzen alleine gegen alle anderen in den Fall involvierten Parteien kämpft. Es besteht kein Interesse von Ärzten oder Krankenkassen, Behandlungsfehler aufzuklären – geschweige denn eine Schadenskompensation zu leisten. Dementsprechend existieren auch keine wirksamen Unterstützungsangebote. Zwar sind Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, dem Verdacht auf einen Behandlungsfehler nachzugehen und über den Medizinischen Dienst ein Gutachten einzuholen. Aber unserer Erfahrung nach kommt es häufig nicht oder nur mir langer Verzögerung dazu und stellt eher ein Alibi-Angebot dar. Zudem verfügt angesichts der Vielfalt und Komplexität jedes Falles auch der Medizinische Dienst in vielen Fällen nicht über die erforderliche Kompetenz. In der Regel bleibt einem Geschädigten keine Alternative als eine Klage einzureichen. Damit beginnt jedoch für ihn ein Albtraum mit geringen Erfolgsaussichten. Zudem ist das Prozesskostenrisiko viel zu hoch, wenn man über keine Rechtsschutzversicherung verfügt. Ohne Eigenengagement ist der Kampf in der Regel aussichtslos.
Wie sieht eine Welt-Utopie für dich aus?
Das Arzthaftungsrecht in seiner jetzigen Form hat sich als unfähig erwiesen, Geschädigten unbürokratisch und in den meisten Fällen: überhaupt eine Schadenskompensation zu ermöglichen. Deshalb träume ich davon, es durch eine leistungsfähigere und fairere Alternative zu ersetzen – so wie z. B. In Österreich oder Schweden, wo den Geschädigten eine langjährige gerichtliche Auseinandersetzung erspart und eine Schadenskompensation durch einen staatlichen Entschädigungsfonds geleistet wird. So wie dieser in der Vergangenheit in Deutschland angedacht wurde, stellt er jedoch keine Lösung dar, weil er eine Deckelung der Schadensersatzsummen in realitätsfremder Höhe vorsieht.
Welche Superkraft hättest du gern, wenn du eine wählen könntest?
Frustration und Entmutigung auf Knopfdruck abzustellen.
Zuletzt: Gibt es einen Ort in Hamburg, den du den Leser:innen ans Herz legen möchtest?
Kein Geheimtipp: die Elbphilharmonie.
Weitere Informationen unter www.sgmev.de