Wie bist du ins Haus des Engagements gekommen und was machst du hier?
Ich bin ins Haus des Engagements gekommen, weil wir für unsere Arbeit bei ALL CAPS einen Ort gesucht haben, an dem wir in Ruhe mit dem Team Workshops abhalten und konzentriert an unseren Projekten arbeiten können. Gleichzeitig war mir wichtig, mit anderen engagierten Menschen in Kontakt zu kommen. Das HdE ist nicht nur ein Ort zum Arbeiten, sondern auch zum Netzwerken – eine tolle Möglichkeit, andere Initiativen und Ehrenamtliche kennenzulernen und sich gegenseitig zu inspirieren.
Für welche Themen oder Projekte engagierst du dich aktuell bzw. wofür hast du dich in der Vergangenheit eingesetzt?
Gemeinsam mit meinem Team – insbesondere mit Alexa Käser (Sponsoring & Cultural Partnerships) und Kai Scholtysik (Programm) – engagiere ich mich mit ALL CAPS für eine vielfältige und zugängliche Kulturszene. Aktuell und in den letzten Jahren haben wir unter anderem folgende Projekte umgesetzt:
Was bedeutet für dich persönlich freiwilliges Engagement?
Freiwilliges Engagement bedeutet für mich, Verantwortung zu übernehmen – für das, was mir wichtig ist, auch wenn es niemand von mir verlangt. Es gibt mir die Freiheit, Dinge zu gestalten, die mir am Herzen liegen: Räume für Kultur, Austausch und Haltung. Es ist kein „Hobby“, sondern Teil meines Alltags und meiner Haltung zur Welt. Ohne ehrenamtliches Engagement gäbe es viele der Projekte, an denen ich mitarbeite, gar nicht – und viele Menschen hätten weniger Möglichkeiten, sich auszudrücken oder gehört zu werden.
Welche Bedeutung hat freiwilliges Engagement deiner Meinung nach für die Gesellschaft?
Freiwilliges Engagement ist das unsichtbare Fundament unserer Gesellschaft. Es füllt Lücken, wo der Staat oder der Markt an Grenzen stoßen – und schafft Räume, in denen Menschen füreinander da sind, Ideen verwirklichen und neue Strukturen aufbauen können. Ob in der Kultur, der sozialen Arbeit oder der politischen Bildung: Engagement bringt Bewegung, gibt Impulse und hält die Gesellschaft lebendig. Ohne diese Form der Beteiligung wäre vieles starrer, leiser und ungerechter.
Gibt es engagierte Personen oder Projekte, die dich besonders beeindrucken?
In jedem Fall die vielen engagierten Menschen in unserem eigenen Team – besonders meine Kolleg*innen in der Leitung der Tapefabrik, mit denen ich seit Jahren gemeinsam Kulturprojekte umsetze. Ein großes Vorbild ist für mich auch das Team des Kulturzentrums Schlachthof Wiesbaden, unserer kulturellen Heimat: Die Menschen dort setzen sich seit über 30 Jahren unermüdlich für eine vielfältige, offene Kulturlandschaft ein – und haben gerade ihr Jubiläum gefeiert. Über den eigenen Umkreis hinaus beeindruckt mich außerdem das Team vom Kulturkosmos Müritz e.V., das mit dem Fusion Festival ein absolut starkes und konsequentes Statement für alternative Kultur, Selbstorganisation und Haltung setzt – und das auf einer der größten Festivalbühnen Europas.
Vor welchen Herausforderungen stehen Engagierte deiner Meinung nach?
Engagierte stehen oft vor der Herausforderung, zwischen Idealismus und Realität zu vermitteln. Es fehlt an Zeit, Geld und Anerkennung – aber auch an Strukturen, die freiwilliges Engagement langfristig tragen. Viele arbeiten ehrenamtlich unter Bedingungen, für die andere bezahlt werden müssten. Gleichzeitig ist es schwer, sich abzugrenzen und nicht auszubrennen, wenn man für etwas brennt. Besonders in der Kulturszene braucht es mehr Räume, finanzielle Sicherheit und politische Rückendeckung, um Engagement nicht nur möglich, sondern auch nachhaltig zu machen.
Wie sieht eine Welt-Utopie für dich aus?
Eine Weltutopie bedeutet für mich eine Gesellschaft, in der Menschen füreinander einstehen, ohne Angst vor Mangel oder Ausgrenzung. In der Kultur kein Luxus ist, sondern Grundrecht – genauso wie Bildung, Teilhabe und eine lebenswerte Umwelt. Eine Welt, in der Vielfalt gefeiert wird, Macht gerecht verteilt ist und wir aufhören, gegeneinander zu wirtschaften. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Solidarität, Kreativität und echte Verbindung. Weniger Ellbogen, mehr offene Hände. Wenn wir solche Strukturen lokal aufbauen, können sie international Wirkung entfalten. Eine gerechtere Welt beginnt im Kleinen – aber sie wächst durch Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. So schaffen wir mehr Gleichheit, stärken globale Gerechtigkeit und zeigen, dass Solidarität kein Privileg, sondern ein Menschenrecht ist – beiderseitig.
Welche Superkraft hättest du gern, wenn du eine wählen könntest?
Wenn ich eine Superkraft haben könnte, dann wäre es die Fähigkeit, Menschen ihre eigenen Privilegien mit voller Klarheit sehen zu lassen – nicht abstrakt, sondern emotional, spürbar, unmittelbar. Ich glaube, dass echte Veränderung dann passiert, wenn Menschen erkennen, wie viel sie haben – und was andere brauchen. Diese Erkenntnis würde im besten Fall zu sofortiger Umverteilung führen: von Ressourcen, Aufmerksamkeit, Macht. Nicht aus Mitleid, sondern aus Verantwortung.
Zuletzt: Gibt es einen Ort in Hamburg, den du den Leser:innen ans Herz legen möchtest?
Ein Ort, den ich in Hamburg unbedingt empfehlen möchte, ist die Fabrik der Künste in Hammerbrook. Sie liegt etwas versteckt im Industriegebiet, gehört aber zu den spannendsten Ausstellungsorten der Stadt. Auf zwei Ebenen gibt es hier regelmäßig Ausstellungen mit zeitgenössischer, experimenteller und internationaler Kunst – oft jenseits des Mainstreams. Leider wird der Ort noch viel zu wenig besucht, was schade ist, denn genau solche Räume braucht Hamburg: unabhängig, gemeinnützig und mit echter Haltung. Wer Kultur sucht, die nicht auf Effekte setzt, sondern Tiefe hat – hingehen! Ein Ort, den ich den Leser:innen in Hamburg außerdem ans Herz legen möchte, ist die MOTTE in Ottensen. Das Stadtteil- und Kulturzentrum ist seit Jahrzehnten ein wichtiger Ort für Begegnung, Kreativität und Engagement – generationenübergreifend, inklusiv und voller Möglichkeiten. Hier trifft Nachbarschaft auf kulturelle Bildung, soziale Projekte auf Kunst, und es gibt Raum für alle, die etwas bewegen wollen. Die MOTTE zeigt, wie lebendig ein Stadtteil sein kann, wenn Menschen sich einbringen – und ist damit ein echtes Vorbild für gelebte Gemeinwohlorientierung.